Fantasiegeschichte "Knospe"

Dies ist eine gereimte "Fantasiegeschichte", die verschiedene Fundstücke aus der Natur für die Meditation und das Achtsamkeitstraining mit Kindern einsetzt.

Bild: www.pixabay.com
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Wir stellen die Übung "Knospe" als Beispiel für den methodischen Aufbau unserer Texte vor, welche wir zur Meditation und Achtsamkeits-Schulung mit Kindern empfehlen.

Wenn eine Erzählung in dieser Form gut vorgetragen und mit den ausgewählten Fundstücken visualisiert wird, fällt es den Kindern leicht, sich mit den konkreten Erscheinungsformen der Natur zu identifizieren.

Knospe

Großes Blatt und kleine Feder

stritten einst mit einem Stein,

denn es wollte doch ein jeder

gern der Allerschönste sein.

 

„Sucht ihr mich?“, begann der Stein,

„Hat euch der Wind verweht?

Ich will gern alleine sein,

ein Stein wie ich, der steht.

 

Schaut auf meinen glatten Bauch,

matt glänzt er rundherum.

Und schön verziert ist er doch auch,

den wirft der Wind nicht um.

 

Meine Kraft hat ihren Sinn,

schützt Tiere in der Erde.

Die sagen, dass ich wichtig bin,

und dass ich Schönster werde“.

 

„Nur die Starken dürfen siegen“,

sprach das Blatt mit leisem Hauch,

„dass wir beide so leicht fliegen,

liebt das jemand vielleicht auch?“

 

„Ganz genau“, die Feder lachte,

„so ein Stein hat gar kein Leben“.

Dass ich daran nicht gleich dachte,

Blätter können Atem geben.

 

Der Sauerstoff, die Lebensluft,

wird erzeugt vom Blätterwerk.

Jedoch, dich niemand Sieger ruft,

ich selbst erhalte den Vermerk.

 

Die Vögel küren mich zum Sieger.

Ich bin die Schönste, wie ihr seht.

Warum? Das wissen Himmelsflieger:

Weil fliegen ohne mich nicht geht.“

 

Die Knospe hasste Streiterei,

verschloss verschämt ihr Ohr.

Zum Glück kam ein Insekt vorbei,

das nahm sie sich jetzt vor:

 

„Du Biene, in so früher Zeit

willst du nach Nektar suchen?

Der steht doch jetzt noch nicht bereit

für deinen Bienenkuchen.

 

Vielleicht gibt es bald ersten Pollen,

siehe bei den Haseln nach.

Ihr hättet Lager füllen sollen

im Bienenstock, sonst liegt er brach."

 

„Ach Knospe, still, was redest du.

Schau doch auf deine Haut.

Sie ist rundum geschlossen zu

höchst winterfest gebaut.

 

Schneller kannst du dich entfalten

mit der ganzen Frühlings-Kraft,

könnte ich das Harz behalten,

was dort klebt am Knospen-Schaft.

 

Was du nicht brauchst, das lasse los,

du kannst es mir doch geben.

Ja, darin sind wir Bienen groß,

nach Ausgleich stets zu streben."

 

Ein Flügelschlag, ein kurz Gebrumm,

die Knospe blieb zurück.

Sie lächelte, doch sie blieb stumm,

sie glänzte nur vor Glück.

Dieter Natus

Die Handlung dieser Geschichte ist übersichtlich strukturiert, bietet aber am Ende nur scheinbar eine Lösung an. Bei genauer Betrachtung der Fundstücke tauchen nämlich schnell neue Fragen auf, die die Kinder dann ganz individuell und subjektiv beantworten dürfen.

 

So können sich die Kinder für ihren jeweiligen Sympathieträger positionieren. Ihre persönliche Sichtweise zu der Geschichte "Knospe" dürfen sie dann zum Schluss spielend oder gestaltend zum Ausdruck bringen.