DAS BORDBUCH
„Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte, und siehe, die Pflicht war Freude." (Rabindranat Tagore)
Diesen Spruch bekam ich von meinem Großvater angeraten. Er war der vergoldeten Taschuhr beigelegt, die er mir vererbte. Ausdrücklich sollte ich die Uhr bekommen, die er ein Leben lang getragen hatte. Kann man verstehen, warum sie für mich zu einem Lebens-Kompass wurde?
„Leben allein genügt nicht, sagte der Schmetterling. Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume muss man auch haben.“ Hans Christian Andersen
Nun will ich meinen Träumen Raum geben und bemühe mich um eine "Konkrete Utopie" von dem, was ich mir als Schönstes erträume. Dabei kann ich auf den "Kompass" meines Großvaters zurückgreifen. Und der gibt mir eine klare Richtung an: Sei dankbar für die kleinen Dinge im Leben. Und überlege klug, was du wirklich brauchst, um glücklich zu sein.
"Kleinvieh macht auch Mist "
Mein Großvater war "Färbermeister" in der Fabrik eines mittelständische Unternehmens. Für mich wurde er zum "Lehrmeister". Er liebte seine berufliche Arbeit, und in der Freizeit seinen großen Garten. Im ersten Weltkrieg erlitter als Melde-Gänger zwischen den Schützen-Gräben in der Schlacht um Verdun eine beinahe tödliche Gasvergiftung. Gerade wieder genesen und traumatisiert nach Hause gekommen musste er sofort damit beginnen, das Überleben der Familie in der Not der Nachkriegszeit sicher zu stellen. "Kleinvieh macht auch Mist ", war sein Leitspruch, mit dem er seinen Garten als Selbstversorger erfolgreich bewirtschaftete. "Für sein kleines Paradies kämpft er wie ein Held", dachte ich oft, wenn er wieder tief gebückt mit einem rostigen Seitengewehr aus seiner Soldatenzeit gegen das Unkraut anging. Damals wird er mich wohl mit seiner Liebe zum Schrebergarten "angesteckt" haben.
"Seid bereit - das bedeutet, dass ein Pfadfinder jeden Moment in der Lage sein muss, seine Pflicht zu tun". Robert Baden-Powell
Dieser Wahlspruch des Gründers der Pfadfinder-Bewegung wird meinem Großvater gefallen haben. Dass der "Träumer", wie er mich des manchmal nannte, seine Lese-Ecken nun öfters verließ und sich als Pfadfinder auf Fahrten, Wanderungen und Zeltlagern austobte, fand er jedenfalls gut. Und für mich waren das wilde Leben in detr Natur und die vielen kleinen Abenteuer mit gleichaltrigen Jugendlichen prägend. "Vom Möglichen das Beste machen, das lehrt uns die Natur" und "Täglich eine gute Tat", so klangen unsere Lieder am Lagerfeuer, ganz nach Pfadfinderart.
„Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren." Slogan der 68er Studentenbewegung
Während meiner Studien-Zeit war in in der BRD ziemlich viel los. Junge Menschen setzten sich für Frieden, Freiheit und mehr Mitbestimmung in der Politik ein. Sie protestierten auf der Straße, provozierten mit ihrem Aussehen, rebellierten gegen starre Moralvorstellung und schufen sich eine eigene Gegenkultur. Dass auch ich zeitweise so rebellisch war, gefiel meinem Großvater weniger.
„Strebe nach Ruhe, aber durch das Gleichgewicht, nicht durch den Stillstand deiner Tätigkeit." Friedrich Schiller
Über die teilweise absurden "Seiltänze", die ich als Junglehrer über den Untiefen der hessischen Bildungspolitik absolvieren musste, staune ich bis heute. Konfrontiert mit Selbstzweifeln oder eigenem Versagen gerit ich so manches mal in einen Krisenmodus.