Dörfliches Leben

Hausformen und Hofreite:

Die meisten Gehöfte wurden nach und nach erweitert. Ziel war eine Hofreite im fränkischen Stil. Es entwickelten sich im Laufe der Jahrhunderte aus kleinen Eindachhäusern und Unterstallhäusern

Zwei- und Dreiseithöfe. Nur ein Vierseithof entstand (=“Fraunde“, der später „Scholze“ genannt wurde) Mehr ließen der karge Boden und die vielen hungrigen Münder nicht zu, die zu ernähren waren. Die Wohnhäuser wurden auf den Wetterseiten geschiefert. Manchmal wurde aus Sparsamkeitsgründen das Obergeschoss mit Brettern verschalt, die mit Ochsenblut gestrichen wurden. Damit wurden auch die allerorts üblichen Fachwerkbalken geschützt. Wer es sich leisten konnte, versah wenigstens einen Teil der Gefache mit Kratzputz. Besonders schöne Ornamente wies „Schusters“ Hof auf. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde es üblich, auch die Fachwerkhäuser ganzflächig zu verputzen. Die Bedeckung bestand aus Schiefer.

Als nach dem 2. Weltkrieg das Schiefern immer teurer wurde, tauschten viele Bauern ihre Schieferdächer durch Frankfurter Pfannen aus. Um die 70er Jahre begannen sie wiederum, ihre schadhaft gewordenen Dächer durch Asbestbedeckung zu ersetzen, welche heute in der Entsorgung sehr teuer kommt.

Raumaufteilung innerhalb der Mauloffer Wohnhäuser:

Die Gebäude entstanden in der Regel zunächst als eingeschossige Eindachhäuser, die meist von späteren Generationen nach und nach erweitert wurden. Die Haustür war darum in der Mitte des Erdgeschosses angelegt und war zweiflügelig. Vor der Haustür lag eine mehr oder minder große ebene Steinplatte, links und rechts davon am Haus entlang, zumindest aber bis zur Straße, gab es einen mehr oder weniger breiten Plattenweg, der seitlich zum „Fleßje“abflachte, der Abflussrinne für Regen-und Schmutzwasser.

In früheren Jahrhunderten stand man nach dem Öffnen der Haustür sogleich in der Küche, die sich bis zur gegenüberliegenden Wand erstreckte. An der Wohnstubenseite befand sich der Herd, der zunächst noch gemauert war, aber bald in allen Häusern durch einen eisernen Sparherd ersetzt wurde.

Mitten im Raum gab es eine Kellertreppe, bald ergänzt um eine Stiege ins Obergeschoss, die in der Regel links vom Eingang lag. Nachfolgende Generationen trennten den Abgang zum Keller mit einer Holzwand und einer Tür ab. Manchmal wurde nahe dem Herd ein Wandschrank eingebaut, der zugleich Stauraum schuf und isolierte. Zwischen der Treppe nach oben und der Haustür führte meist nach links eine Tür zur Wohnstube. Deren Fenster gingen in der Regel zur Straße hin. Der hintere Teil des Wohnzimmers wurde manchmal durch eine hölzerne Gitterwand abgetrennt. Dahinter oder frei in einer hinteren Ecke des Raumes stand das Ehebett der Eltern. Es wurde, wo keine Abtrennung vorhanden war, an Feiertagen mit einer besonders schönen Decke abgedeckt. Der einzige Schornstein des Hauses lag hinter der Kellertreppe, jedoch so, dass er vom Wohnzimmer wie von der Küche her einen Zugang hatte. In manchen Häusern gab es einen Kamin, dessen Wärmeröhre als Durchreiche von der Küche ins Wohnzimmer diente. Gelegentlich reichte ein Teil des Kamins bis hinter die Gitterwand, so dass von der Küche aus mindestens drei Räume gleichzeitig beheizt werden konnten. Eine Öffnung in der Decke des Wohnzimmers bewirkte, dass nur ein Brett im darüberliegenden Dielenboden mit dem Besenstiel aufgestoßen werden musste, um das darüberliegende Zimmer in kalten Winternächten wenigstens mit der Abwärme des Wohnzimmers zu versorgen, die nachts ohnehin im Untergeschoss nicht mehr benötigt wurde. Zwar gab es in sehr kalten Nächten immer noch Eisblumen an den Fenstern, doch es konnten mit einer Wärmequelle vier Räume bedient werden!

Rechts von der Küche lagen Hühner- und/oder Schafstall. Der „Hausgang“ (=Flur) erhielt bald zur Rechten eine feste Wand mit Tür.

Wurde dieser Raum von Anfang an als Wohnraum, z. B. als Altenteil, genutzt, so grub man darunter einen niedrigen Raum als Schweine- oder Schafstall aus. In solchen Ställen konnten sich nachfolgende größer gewachsene Generationen meist nur gebückt vorwärts bewegen. Sie wurden darum mit zunehmender Anzahl der Gebäude zu Rübenkellern oder Rumpelkammern umfunktioniert.

Im Obergeschoss befand sich über dem Wohnzimmer eine Schlafstube, über der Küche eine Räucherkammer und über den Altenteil-Räumen zuerst wohl ein Speicher, der wiederum zum Schlafraum gemacht wurde, wenn man es sich leisten konnte, dem Gebäude einen durchgängigen Speicher aufzusetzen.

Badezimmer wurden erst ab Mitte der dreißiger Jahre eingerichtet, vermehrt erst von den 60er Jahren an. Sie entstanden als Anbauten zum Wohnhaus oder in den früheren Räucherkammern. Diese wurden nicht mehr benötigt, nachdem man im DGH und später noch an der Linde Gefriertruhen mieten konnte, die die Konservierung von Lebensmitteln sicherstellten. (Vgl. „DGH“)

Die Nahrungsversorgung besserte sich. Dennoch ,musste weiter gespart werden.

 

Erwerbslage

 

Die Mehlbüsche nahe dem „Vogelskirschbäumchen“ waren irgendwann gefällt worden. In Notzeiten hatten zuvor die Früchte der Mehlbeere getrocknet und zermahlen zur Herstellung von Brot gedient.

Es war zu Anfang des 20. Jahrhunderts noch üblich gewesen, dass Frauen der Geißbauern auf der Heide und im Wald Grünfutter mit der Sichel ernteten. Das geschah während der Vegetationsperiode täglich. Das Grünfutter war in Kiepen nach Hause getragen worden. Familien, die wenig eigenes Land besaßen, hatten manchmal auch die Ränder der Straßen und Feldwege gepachtet, um mehr Futter zu gewinnen. Manche hatten ganz neu mit der Landwirtschaft begonnen. Sie hatten es mit viel Mühe geschafft, eine Kuh zu erwerben. Nun aber waren die meisten Landwirte Kuhbauern. Zwei bis vier Kühe waren Standard. Wer konnte, leistete sich ein Pferd. Das war zwar im Unterhalt teurer, aber die Arbeitserleichterung war größer als bei Kuhfuhrwerken.

 

Ackerflur:

Der Boden wurde in früheren Jahrhunderten nach dem System der einfachen, nun der erweiterten Dreifelderwirtschaft bestellt. Die Ackerflur bestand aus Seelfeld, Hinterfeld und Kreuzfeld. Roggen und Weizen wurden auf einem Feld ausgebracht, Hafer (teils mit dazwischen gesätem Klee) auf einem zweiten Feld; das dritte wurde zum Brachfeld. Die Bestellung wechselte jährlich im Uhrzeigersinn. Auf dem Brachfeld ließ in früheren Jahrhunderten der Schäfer die Schafe weiden. Statt der Brache wurden in späteren Zeiten Kartoffeln oder Rüben = “Dickwurz“ gepflanzt oder im Vorjahr gleich Klee in den Hafer gesät.

Das Gebüsch auf der „Dräser“ und auf der „Brück“ wurde in den 1930er Jahren vom Reichsarbeitsdienst gerodet. Dadurch wurde neues Ackerland gewonnen.

 

Dorfkultur:

Es gab drei Vereine in einem Dorf mit zirka 200 Einwohnern!

Neben der Freiwilligen Feuerwehr und dem Schützenverein existierte ein Gesangverein, der Theateraufführungen einstudierte und auch außerhalb des Dorfes einmal im Jahr darbot, z. B. auf der Tenne. Einmal wurde der „Freischütz“ gegeben!

Einmal im Jahr war Kerb. Von den jungen Burschen des Dorfes wurde am Kerbesamstag ein Kerbebaum gefällt, mit bunten Bändern und dem „Kerbejohann“ geschmückt und am Ort des späteren Tanzvergnügens aufgerichtet. Peinlich für die Kerbeburschen und ein Grund für immerwährenden Spott war es, wenn sie sich den Kerbejohann stehlen ließen. Am Kerbesonntag gab es einen Umzug mit der Musikkapelle vorneweg, dann folgten Kerbeburschen, Jugend und Erwachsene. Verwandte und Bekannte von außerhalb kamen zu Besuch. Im Anschluss daran fand in einem Saal Tanz bis in die frühen Morgenstunden statt. Manchmal kamen Standbetreiber von außerhalb, die Schießbuden errichteten oder Zuckerwaren feilboten, selten gab es ein Kettenkarussell.

Im Winter wurde Wolle gesponnen,teilweise noch von eigenen Schafen. Es wurde gestrickt, gewebt, genäht, ausgebessert. Es wurde aber auch mit Nachbarn beim „Ebbelwei“ zusammengesssen, Neuigkeiten ausgetauscht, Spiele mit den Kindern gespielt und Geschichten aus alter Zeit erzählt.

Vom Frühjahr an musste die ganze Familie mit anpacken. Den Kindern wurden altersgerechte Arbeiten zugeteilt (Holz in die Kiste tragen, im Feld und Garten Steine lesen und Unkraut jäten, im Stall ausmisten, Heu wenden und nachrechen, den Hof und die Straße kehren, im Haushalt spülen und putzen, beim Säen, Pflanzen und Ernten helfen u. ä.).

 

Nach dem 2. Weltkrieg:

Nach dem Einzug der amerikanischen Besatzungsmacht am

8.5.1945 wurde die Gendarmerie im Kreis aufgelöst. Bald stellte sich heraus, dass Polizei doch nötig war: Dauernd wurden Überfälle registriert von schwer bewaffneten Trupps früherer Kriegsgefangener und Fremdarbeiter, die auf Lastwagen in den Dörfern plünderten. Die Militärregierung beauftragte den ehemaligen Luftwaffenoffizier Zimmermann mit der Bildung einer Landpolizei. Eingestellt wurden früher unbelastete Polizeibeamte und entlassene Soldaten. Usingen und Riedelbach wurden zu Gendarmeriestationen. In Riedelbach versah der Polizeibeamte Schrader den Dienst mit Motorrad und Beiwagen.

 

Anfang der 50er Jahre:

Mauloff war wegen seiner ausgedehnten Wälder vermögend. Es leistete sich eine eigene Gemeindeschwester, eine Diakonisse aus dem Paulinenstift in Wiesbaden, die morgens Krankenbesuche machte und nachmittags die Kinder im Kindergarten betreute.

Die Frauen gingen als Nebenerwerb im Frühling „in Kultur“, d. h., sie pflanzten Fichten (=“Tännchensetzen“).

Die Männer gingen im Winter in den Holzwald.

Die Straßen nach Finsternthal und später nach Riedelbach wurden 1951 geteert. Die „Hintergasse“ (= der steile Teil der Ringstraße) wurde gepflastert, weil man fürchtete, bei eventuellen Reparaturarbeiten an der Wasserleitung würden im Fall einer Teerdecke zu große Kosten entstehen!

Die meisten Bewohner Mauloffs waren Bauern. Es gab 28 bäuerliche Anwesen.Viele Familien nahmen ein Heimkind in Pflege.(Es gab viele Kriegswaisen und Halbwaisen.) Manche dieser Kinder mussten hart arbeiten. Einige bekamen wenig zu essen, fast alle hatten kaum Zeit für Schularbeiten.

Kurz nach Kriegsende wurden knapp 50 Flüchtlinge, die alle aus dem gleichen Dorf in Schlesien kamen, mit Lastwagen ins Dorf gebracht. Der von den Amerikanern vorübergehend eingesetzte Bürgermeister und der Ortsbauernführer bestimmten, welcher Hof eine Flüchtlingsfamilie aufzunehmen hatte. Sie selbst waren nicht unter den Aufnehmenden.

Die Bauern mussten im Gegensatz zu den Flüchtlingen und Evakuierten nicht hungern. Jedoch wurden Viehbestand und Ernte vom Ortsbauernführer geschätzt und danach unentgeltliche Abgaben in Naturalien für den Staat berechnet. Alle Bauern versuchten, mit geheimen Verstecken und Tricks die Abgaben zu minimieren.

Die Flüchtlinge hielten sich anfangs mit Arbeiten bei den Bauern über Wasser, wo sie oft nur fürs Essen arbeiteten. Sie wurden durch den Lastenausgleich für im Krieg verlorenen Besitz entschädigt, wenn jemand ihnen bescheinigte, dass sie mindestens ein eigenes Bett besessen hatten. Ausgebombte und Evakuierte erhielten keine Entschädigung. Mit dem zunehmenden Wiederaufbau in den Städten verließen viele Zugezogene den Ort bald wieder, weil sie keine dauerhafte Existenzgrundlage fanden.

Während die einen dem kleinen Dorf den Rücken kehrten, suchten die anderen die dörfliche Idylle: Manche Städter verbrachten zunächst ihren Urlaub im Taunus, andere entschieden sich für den Bau eines Wochenendhauses, so zuerst der Jagdpächter, Dr. Haupt aus Bad Soden.

Direkt nach dem Krieg waren Bettwäsche und Kleidung, besonders Schuhe, Mangelware. Nichts wurde weggeworfen, z. B. wurde geprüft, ob ein Teil eines zerschlissenen Kleides noch mit einem anderen alten Stück Stoff zu einem neuen Rock werden konnte. Alle Kinder (auch die Jungen!) trugen in der kalten Jahreszeit warme Kleidung: Handgestrickte Strümpfe aus selbst gesponnener und selbst mit Zwiebelschalen gefärbter Wolle, die mit Strapsen an einem Hemd befestigt wurden. Darüber zogen ihnen die Mütter in der kalten Jahreszeit noch sogenannte „Leib- und Seel-Hosen“. Alle gingen Sommer wie Winter in genagelten über knöchelhohen eingefetteten Lederschuhen zur Schule, deren Sohlen vorne und am Absatz zum Schutz vor Abnutzung mit Eisenplättchen beschlagen waren. Die meisten Kinder hatten nur dieses eine Paar! Viele dieser Schuhe wurden innerhalb der Geschwisterreihe oder der Verwandtschaft oder Nachbarschaft weitergegeben, manchmal wurden sie mit „Riestern“ repariert.

Um Geschäfte zu machen, kamen vorübergehend ins Dorf: Alteisen-Händler, Hausierer, fahrende Kramläden (mit Fahrrad, Dreirad-Auto, die auch Lumpen sammelten), Futtermittelhändler, Metzger, Näherinnen, die von Haus zu Haus gingen. Regelmäßig zogen im Herbst die Dreschmaschine und die Dämpfkolonne von Hof zu Hof.

Es gab noch eine Post, eine einklassige Volksschule und einen Lehrer im Dorf, der mit seiner ganzen Familie in dem Schulhaus über den Unterrichtsräumen wohnte, einen Gemeindediener, einen Gemeinderechner und natürlich einen Bürgermeister.

Die Mauloffer Volksschule wurde nach dem 2. Weltkrieg von der Gemeinde gut ausgestattet mit Landkarten, Lexika, Atlanten, neuen Schulbüchern. Auf die Initiative des Schulrats, Herrn Köth, wurde im Schulflur ein Regal installiert, auf dem jedes Kind einen besonders gekennzeichneten Zahnputzbecher mit Zahnbürste abstellen musste. Auch das bezahlte die Gemeinde. Der Lehrer, Herr Lange aus Dorpat???in Ostpreußen, überwachte das morgendliche Zähneputzen.

Der Jagdpächter stiftete moderne Schulmöbel: Tische und Stühle.

Die Mädchen gingen mit Kleidern oder Röcken zur Schule und trugen auch in der Schule Schürzen, die Buben gingen in kurzen oder dreiviertellangen Hosen, bei vermögenden Eltern mit ganz langen Hosen. Wenn der Fotograf kam, durften die Kinder nach Hause gehen und ihre Sonntagskleider anziehen.

Weil beschädigte Textilien grundsätzlich repariert wurden, mussten die Mädchen die dafür nötigen Techniken einmal in der Woche nachmittags Handarbeitsunterricht lernen. Dieser wurde zunächst noch von der Frau des Volksschullehrers, Frau Lange, abgehalten. Als das Land Hessen per Erlass verfügte, dass nur noch examinierte Personen für den Handarbeitsunterricht herangezogen werden dürften, kaufte die Gemeinde Mauloff einer Handarbeitslehrerin einen Motorroller(!), damit dieser Unterricht weiterhin im Dorf stattfinden konnte.

 

Gelegentlich gab es im Saal der „Rose“ Kinoaufführungen. Hier bekamen die Mauloffer auch die erste amerikanische „Seifenoper“ zu sehen. Einmal wurde „Carmen“ gezeigt. Meistens liefen aber Heimatfilme im Stil von Luis Trenker. Für zwei oder drei Mark saß man auf harten Stühlen. Da der gleiche Film auch in Riedelbach gezeigt wurde, nur etwas früher, mussten die Mauloffer immer warten, bis der erste Teil in Riedelbach zu Ende und der Vorführer hin- und hergefahren war. Gab es einen Filmriß, dauerte alles etwas länger.

 

Regelmäßig kam die Wasserversorgung in den Sommermonaten zum Erliegen. Als mittlere jährliche Niederschlagsmenge in unserer Region gelten 700 mm im Jahr. Doch der größte Teil der Niederschläge wird durch die fast undurchlässigen Tonböden rasch oberirdisch abgeleitet. Die Wasserspeicherung im Boden ist gering. Besonders nachteilig auf die Regenerierung der kleinen unterirdischen wasserführenden Spalten wirkten sich die trockenen Sommer 1947 und 1959 aus. Zudem wurde der alte Hochbehälter undicht. Auch der Pro-Kopf-Bedarf stieg an: Öfteres Duschen sowie hoher Verbrauch bei der bis dahin nicht üblichen Toilettenspülung mussten berücksichtigt werden. Bald erforderten auch der Bau und die Erweiterungen des Familienferienheims zusätzliche Quellen. 1961 rechnete man je Person und Tag mit 200 l Wasser. Bohrungen und Schürfungen nach Wasser in den Pfingstwiesen und in den Zwölf Morgen waren vergeblich (nur ein kleiner Teich entstand). Dann, oberhalb der Rainwiesen am Beginn der Zwölf Morgen war man mit einer Tiefbohrung erfolgreich. (Wann???) Billig war das Schürfen nicht, denn man benötigte teure Pumpstationen, um die Hochbehälter zu füllen. Oberhalb von Alfred Reuter wurde eine solche errichtet. Abhilfe in der Trinkwassernot versprach der Beitritt zum Wasserverschaffungsverband Tenne, dem Reichenbach, Mauloff, Riedelbach und Neuweilnau angehörten. Er erfolgte ????

Viele Bauern deckten ihre hofeigenen Brunnen ab oder schütteten sie sogar zu. Bis dahin hatte es in folgenden Gehöften eine eigene Wasserversorgung gegeben: Fraunde (= Scholze), Schusters, Schneirersch, Bieze, Frankebachs (= Gasthaus „Zur Rose“).

 

1956 wurden die beträchtlichen Einkünfte der Gemeinde aus dem Windbruch eines vernichtenden Wintersturms zum Bau des

Dorfgemeinschaftshauses verwendet. Das Geld wäre sonst in der Kreisumlage verschwunden und den ärmeren Gemeinden im damaligen Kreis Usingen zugute gekommen.

Zur Einweihung des DGH kam der damalige Hessische Ministerpräsident Georg August Zinn persönlich!

Es entstanden im EG ein großer Raum mit Gefriertruhen, die fleißig gemietet wurden; eine große Bade-Anlage mit Wannen und Duschen, wo sich samstags abends die Dorfbevölkerung traf und reinigte; im 1. Stock ein großer Saal mit Küche zum Feiern, gegenüber Toiletten, dazu ein Raum für den Kindergarten mit kleinen Waschgelegenheiten und Toiletten; eine Wohnung für die Gemeindeschwester; im Dachgeschoss ein Jugendraum mit Bücherschrank, aus dessen Inhalt sonntags Lektüre ausgeliehen werden konnte, was selten vorkam. Eine tatsächliche Nutzung für die Jugend verhinderte die Hausmeisterin des DGH. Ein Sanitätszimmer wurde eingerichtet, das nur alle paar Jahre für Impfungen genutzt wurde. Es gab eine Wohnung für den Hausmeister, die aber an den pensionierten Pfarrer Heinemann aus Ffm vermietet wurde. Die Hausmeisterrolle übernahm für viele Jahre Paula Vollberg, die sich auch mit Adelheid Seel um die Wäscherei im EG kümmerte. Diese blieb auch nach Übergang des DGH in den Besitz der Großgemeinde Weilrod rentabel! Die Maschinen aus der Erstausstattung funktionierten bis auf eine Maschine bis zur Einstellung des Wäschereibetriebs (Wann?).

Bis dahin war es in allen Familien üblich, dass am Samstag Abend eine große Zinkwanne in die Küche gestellt wurde, in der nacheinander die kleinen und größeren Kinder badeten. Das Wasser wurde noch zum Vorwaschen sehr schmutziger Arbeitskleidung oder mit dem Abgußwasser der Kartoffeln vermischt zum Strümpfewaschen verwendet. Danach wurde die Wanne neu gefüllt, und es badeten die mittlere und nach nochmaliger Erneuerung die ältere Generation je nach Absprache. Auch dieses Wasser wurde nicht einfach weggeschüttet, sondern noch zum Putzen genutzt, es sei denn, es war wirklich sehr verunreinigt.

1959 wurde auf den ehemaligen „Baumgärten“ die erste Stufe der Frankfurter Familienferienstätte eingeweiht, das sogenannte „Epiphaniashaus“, das ursprünglich Frankfurter Familien als Erholungsstätte diente. Es wurde mehrfach erweitert: Um das „Frankfurter Haus“, einige Ferienbungalows sowie ein Hallenbad.

Nach und nach wandelten sich die Zielvorstellungen bezüglich der Belegung. Es fanden Freizeiten statt für Konfirmanden, Ruheständler und Behinderte. Dazu kamen Tagungen mit Studenten und Synodalen, Treffen im Rahmen des Deutsch-Französischen Jugendaustauschs, Kongresse und Besuche von Menschen aus Chile, Hongkong, Indien und Korea u. v. m. Besuche von Familien aus Frankfurt wurden seltener: Verbilligtes Flugbenzin und Schnäppchen-Reisen in die Ferne lockten mehr als das altbekannte Mauloff. Obwohl das Familienferienheim zuletzt kostendeckend gearbeitet hatte, sahen sich die Frankfurter Träger genötigt, die Familienferienstätte im Jahr 2002 zu schließen, da größere Reparaturen wegen des rasanten Schwundes der Kirchensteuerzahler nicht mehr getätigt werden konnten. Auch die Evangelische Kirche von Hessen und Nassau sah sich nicht in der finanziellen Lage, helfend einzugreifen.

 

Ende der 50er Jahre:

Was man als alte Zöpfe betrachtete, wurde „abgeschnitten“: Die weithin für ihre riesigen Heidelbeervorkommen bekannte Mauloffer Heide wurde mit Fichtenmonokultur bepflanzt, weil das Forstamt Riedelbach einen Ersatz verlangte für den Waldanteil, der linker Hand des Seelenberger Wegs als Baugrund ausgewiesen wurde.

Der Turnplatz in den Rainwiesen mit Reck und Barren wurde zu Bauland. Die Gerätschaften waren schon vorher entwendet worden.

Die Eisenpfosten der Kosakengräber und daran befestigte eiserne Drehblätter oberhalb des heutigen Friedhofs verschwanden ebenso wie der dortige große Vogelkirschbaum. Niemand mehr hatte gewusst, was sie bedeuteten.

Die Weet (= Der Dorfteich) wurde aufgegeben und zugeschüttet, als die MKW (= Main-Kraft-Werke) auf diesem Gelände eine Trafostation errichteten. (Wann????).

Die Bombentrichter am Lärchesberg, in den Zwölfmorgen, am Mauloffer Berg oben (Ende „Keugass“, unten (hinter Friedhof) dienten als Müllkippen. Dort landeten Waschmaschinen, Motorräder, Flaschen.

Ein Schuttplatz entstand, wo später Dr. Gaul ein Grundstück erwarb. Zivilisationsmüll war neu! Es gab also Leute, die etwas wegzuwerfen hatten, es gab sogar welche, die sich den Kauf (!) von Konservendosen leisteten und diese hinterher nicht aufbewahrten!

Die alte Schießanlage (Wo?) wurde (Wann?) eingeebnet, es entstand ein Spielplatz für die Kindergartenkinder. Später wurde dort das Schützenhaus gebaut.(Wann???? Wie war das dort genau?)

 

In den 60er Jahre:

 

Die Konsolidierung brachte eine Zusammenlegung des landwirtschaftlichen Streubesitzes. Vorher waren pro Hektar Land etwa 15 – 20 Einzelgrundstücke zu bewirtschaften. Das Prinzip des finanziellen Nutzens überwog nun das der althergebrachten Wirtschaftsformen. Nach Einführung von immer schwereren Traktoren und schweren Wagen zeigte sich die Notwendigkeit des Drainierens der Wiesen deutlich. Mit der Flurbereinigung in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde dieses im großen Maßstab vorgenommen. Durch Einebnen der mittelalterlichen Ackerterrassen - soweit sie zu Wiesen umgewidmet worden waren - schuf man die Voraussetzungen für großflächiges Arbeiten mit immer größeren Maschinen. Kleine Äckerchen und Wiesen, die nur so breit waren wie ein Kuhgespann, gehörten der Vergangenheit an, Handarbeit wurde weitgehend durch Maschinenarbeit ersetzt. Obstbäume an den Straßen und „Baumgärten“ verschwanden, da die Bäume den Maschinen im Wege waren. Die althergebrachte Dreifelderwirtschaft wurde Zug um Zug abgeschafft. Die Bauern spezialisierten sich auf Milchwirtschaft und Getreidebau, sie bauten immer weniger Hackfrüchte (Rüben und Kartoffeln) an, sie begannen sogar, ihr Obst und ihre Kartoffeln zu kaufen, auch Brot und Fleisch. Je nach Subventionierung wurden Mais und Raps, zeitweise auch Bienenfreund, gesät. Mit zunehmender Industrialisierung suchten viele Bauern leichteres Auskommen in Fabriken und bewirtschafteten ihren Boden nur noch im Nebenerwerb. Nicht wenige verpachteten oder verkauften ihr Land. Nach dem Krieg zählte das Dorf Mauloff 28 Vollerwerbs-Landwirte. Heute bewirtschaften zwei ortsansässige Nebenerwerbslandwirte und zwei außerhalb wohnende Vollbauern die gesamte Gemarkung!

Im Zuge der Konsolidierung wurden Feldwege und Gewannen verlegt, steile Abhänge weggeschoben, Terrassierungen in Feld und Wiesen beseitigt, Chausseebäume gefällt bis auf einen alten Apfelbaum auf dem Pauly’schen Grundsctück, neue Drainagen geschaffen, die sich nun allmählich wieder zusetzen, auch das „Pfingstbörnchen“ in den Pfingstwiesen wurde drainiert. Die Familie Otto und Reinhard Seel errichteten den Aussiedlerhof „Tannenhof“. Den alten „Feie“ Hof kaufte Irene Sachs, später verheiratet mit Herrn Schlösser.

Ein „Neubaugebiet“ wurde geplant, in dem die Grundbesitzer aus Mauloff Baugrundstücke zugeteilt bekamen. Eingetragen wurde der Begriff „Neubaugebiet“ allerdings nicht. So gilt es als Mischgebiet wie der alte Ort. Nicht nur ein Teil dieser Bauplätze wurde nach und nach verkauft; auch Ackerland und Wiesen wechselten allmählich ihre Besitzer. Die meisten Nebenerwerbslandwirte gaben die Landwirtschaft nach und nach ganz auf. Sie fanden leichteres Auskommen außerhalb ihrer Höfe und des Dorfes. Staatliche Zuschüsse und Kredite für die Landwirte flossen nur, wenn die Bauern sich für die Vergrößerung ihrer Betriebe entschieden.

Manche Mauloffer Landwirte vermieteten Zimmer an Fremde, vor allem, wenn das Familienferienheim überbelegt war. Dem Bürgermeister gelang es, Mauloff als staatlich anerkannten Erholungsort benennen zu lassen. Das Ziel, es zum „Luftkurort“ zu machen, wurde nicht erreicht: Zu viele und vor allem zu teure Hürden wären zu überwinden gewesen.

In den 70er Jahren

Das Ausschellen der gemeindlichen Anordnungen hörte mit der Schaffung der Großgemeinde Weilnau auf , d.h. “Bekanntmachungen“ mit der Ortsschelle durch den Gemeindediener wurden aufgegeben.

Weilrod - ein künstlich erschaffenes kommunales Gebilde, welches seine Identität noch finden, ein Zusammengehörigkeitsgefühl noch entwickeln musste.

Der Ortsteil Mauloff hat es besonders schwer mit der Integration: Kirchlich gehört er seit alters her zu Steinfischbach, gemeindlich zu Weilrod, schulisch zu Riedelbach und telefonisch zu Schmitten.

 

Viele offene Fragen:

 

Wann fielen die Bomben in den Zwölf Morgen, hinter dem Friedhof und am Lärchesberg? Was geschah mit den toten Piloten?

Schneepflug?

Wann „neuer“ Friedhof? Wann Kriegerdenkmal? Wann Trauerhalle?

Was war im „Dritten Reich“? (Alfred Reuter fragen?)

Wann verschwand der alte Hochbehälter und wie? Wann kam der neue Hochbehälter oberhalb der Rainwiesen am Beginn der Zwölf Morgen?

Wann kamen die neuen Glocken? Wann wurde das Glockengeläut eingeweiht, wann elektrifiziert?

Wann kam kein Milchauto mehr (Pritsche weg), sondern ein Tankwagen, zuerst zu Nelle, dann zu Vinze?

Was hat sich wann im DGH geändert? Was wann im Schützenhaus?

2. Gefrieranlage an der Linde mit Waaghäuschen wann?

Bis wann gab es den Gemeindeochsen?

Wer macht weiter mit den dörflichen Ereignissen in den 70ern?

Bleibt als Grundgefühl „Wir sind Mauloffer und wollen’s bleiben“ oder ist den Mauloffern das egal? Im Schlaf- und Wochenenddorf wäre das nicht verwunderlich.

 

Flurnamen:

Struth: eigentlich: Sumpfland, aber wahrscheinlich Hochmoor wie in Hasselbach

 

Sitten und Bräuche:

Vor Ostern kam als absoluter Ruhetag der Karfreitag. An diesem durften nur die notwendigsten Arbeiten wie Viehfüttern und Essenkochen erledigt werden. Bestenfalls war noch das Färben der Ostereier (mit gesammelten Zwiebelschalen) erlaubt.

Am Ostersamstag bauten die Kinder aus Moos irgendwo in der Nähe des Hauses ihre Osternester. Am Ostersonntag wurden sie dann in der Frühe gerufen, weil gerade der Osterhase davonhoppelnd gesehen worden sei. Sie selbst erwischten ihn natürlich nie. Im Osternest fanden sich direkt nach dem Krieg nur die mit Zwiebelschalen gefärbten Eier, höchstens einmal aus Teig gebackene Hasen. Schokolade gab es erst (wieder) nach dem Eintreffen der Amerikaner, und dann zunächst auch nur als Tafeln. Die Kinder zogen dann mit einem kleinen Korb los, um von den Paten im Dorf Ostereier einzusammeln. Die Mädchen verwendeten dazu ihre Handarbeitskörbchen. Pro Pate gab es zwei bis drei gefärbte Eier. Mit zunehmendem Wohlstand wurden diese ergänzt durch eine Handvoll kleine Zuckereier, ein Marzipanei, den einen oder anderen kleinen Schokoladenhasen, manchmal auch ein Spankörbchen mit grüner Holzwolle dazu. Es gab nicht die Sitte des großen Ostergeschenks von den Eltern.

Jede Familie besaß mindestens ein „Baumstück“, meist auch noch

Obstbäume an den öffentlichen Straßen. Das hatte zur Folge, dass große Mengen von Kirschen, Mirabellen, Zwetschen, Äpfeln und Birnen anfielen.Damit eine Hausfrau nicht ganz allein die Schwemme bei der Obsternte zu bewältigen hatte, kamen die Dorffrauen der Reihe nach abends in den Häusern zu sammen, um das Obst für die „Leckwerje“ (=Pflaumenmus) sowie zum Dörren und Einwecken vorzubereiten. Dabei wurden alle Neuigkeiten „durchgehechelt“, vor allem, wer mit wem „ging“, auch, ob vielleicht Verheiratete etwas „miteinander hatten“. Diese Erkenntnisse wurden dann durch sogenannte „Pfädchen“ aus Obstkernen, mitunter auch aus Sägemehl zwischen den Haustüren der Betroffenen allgemein bekanntgemacht. Die Männer tauschten Neuigkeiten im „Holzwald“ aus, wenn sie dort an einem großen Feuer ihr Frühstück verzehrten oder ihr Mittagessen aus den „Tendern“, stapelbaren Transportbehältern aus Metall, die im offenen Feuer erhitzt wurden und mehrere Bestandteile von Mahlzeiten enthalten konnten, z. B. Suppe, Fleisch oder Wurst, Kartoffeln und Gemüse.

Hausputz fand dreimal im Jahr statt vom Dachboden bis zum Keller des Wohnhauses einschließlich der Ställe und übrigen Nebengebäude.

In den Ställen wurden zwecks Desinfektion die Wände geweißt mit ungelöschtem Kalk sowie alle Fenster geputzt, jedoch nicht wie im Haus blank gewienert. So verfuhr man vor Ostern, vor Pfingsten und vor der Kerb.

Da die meisten Dorfbewohner Bauern waren, gab es zweimal im Jahr, nämlich im Frühjahr und im Herbst, ein Schlachtfest: Zunächst musste der Metzger bestellt werden. Es wurden Gewürze in großer Menge gekauft: Majoran, Thymian und Pfeffer. Am Vorabend des Schlachttages holte man die benötigten Gerätschaften vom Speicher und reinigte sie von Staub. Wenn am nächsten Tag der Metzger eintraf, betäubte der das Schwein und stach es ab. Das Blut wurde aufgefangen und gerührt. Das Schwein wurde gebrüht, die Borsten abgeschabt, das Schwein zerteilt. Manche Fleischstücke kamen ins Pökelfass, andere wurden eingeweckt oder in Dosen gestopft und abgekocht. Die Därme wurden gründlich gereinigt, die Speckstücke und das für Wurst vorgesehene Fleisch kleingemahlen. Ein Teil des Specks wurde zu Grieben ausgelassen. Das aufgefangene Schmalz wurde in Steinguttöpfen aufbewahrt zum Kochen und Braten. Aus Kräutern, Gewürzen, Salz, Speck, Grieben, und kleingemahlenem Fleisch wurde die Bratwurstfüllung für die Därme zusammengemischt. Für Blut- und Leberwürste gab es selbstverständlich die genannten Zutaten statt Fleisch. Diese landeten mit einigen ganzen Stücken „Kochfleisch“ im Wurstkessel. Was platzte, blieb in der Brühe und gab den Grundstock für die Wurstsuppe. Mit Graupen oder kleinen Kartoffelwürfeln gekocht, kamen sie am Abend des Schlachttages und an den darauffolgenden Tagen als „Metzelsuppe“ auf den Tisch. Dazu gab es am Abend des Schlachttages „Schdumbes“ (=Kartoffelbrei) mit Sauerkraut aus dem Fass und frisch geschlachteten Blut- und Leberwürsten. Kinder durften ihre Freunde und die Nachbarskinder sowie die der Verwandten zum Schlachtfest einladen. Im Anschluss ans Essen mussten die Kinder die Metzelsuppe im Dorf verteilen an Lehrer, Gemeindeschwester, Nachbarn und Verwandte. Je nach Ansehen und nach Bedürftigkeit gab es dann noch Blut- und Leberwürstchen dazu. Nach dem Schlachtfest wurden alle Gerätschaften wieder gereinigt und auf dem Dachboden verstaut.

Im Backhaus wurde regelmäßig Samstags gebacken. Einmal im Monat wurde mit nummerierten Holzstäbchen ausgelost, wer „die Anbacke“ hatte. Der musste am betreffenden Samstag als erster den während der Woche erkalteten Backofen anheizen, was mühsam war und mehr „Wellen“ (=Reisigbündel) als üblich erforderte.

Die Hausfrau hatte schon am Vorabend Roggenmehl in den Backtrog geschüttet. Es wurde angewärmt, indem es ein paar Stunden in der Küche stand. Dann scharrte man eine kleine Vertiefung in das Mehl, schüttete den „Heberling“ hinein (die vom letzten Backen aus dem Bachtrog gekratzten Teigreste, die in einem kleinen immer wieder verwendeten Säckchen getrocknet worden und trocken aufbewahrt worden waren), vermischte etwas Mehl und Heberling mit lauwarmem Wasser und ließ diesen Ansatz gehen. War er etwa um das Dreifache aufgegangen, so wurde nochmals lauwarmes Wasser hinzugefügt und alles zu einem lockeren Teig verknetet. Das war Schwerarbeit. Nun zeichnete die Hausfrau ein „Hexenkreuz“ über die Teigfläche, damit das Brot auch gut gelingen sollte. Dieses hatte die Form der Balken wie in der britischen Flagge. Eine sehr dünne Schicht Mehl folgte. Im Winter deckte man das Ganze entweder mit einem schweren Tuch ab oder man legte im Küchenherd noch so viel Holz nach, dass die Nacht über die Raumtemperatur noch das

„Gehen“ des Brotteigs begünstigte. Am folgenden Morgen wurden aus dem aufgegangenen Teig Laibe geformt, in mit Tüchern ausgelegte Strohkörbchen gelegt und einem nochmaligen „Gehen“ ausgesetzt. Dann fuhr man sie mit einem Leiter-Schubkarren ins Backhaus, wo sie zunächst auf der „Beudt“ abgestellt wurden. Im Winter wurden die Laibe während der Fahrt zum Backhaus mit einem alten Bettlaken abgedeckt. Die „Beudt“ war ein großer Tisch mit einer dicken Eichenplatte, der fast den ganzen Nebenraum ausfüllte.

In der Zwischenzeit hatte ein anderes Familienmitglied, meist der Hausvater, den Backofen angeheizt und die Wellen zum Verkohlen gebracht. Dabei mussten verschiedene „Züge“ gezogen und wieder eingeschoben (=gesperrt) werden,die die Luftzufuhr regelten. Nun wurde die Holzkohle mit der Asche herausgekratzt, neben oder unter der Backofentür abgelagert und mit einem Wasserguß abgelöscht. Auf den Backschieber wurden nun nacheinander die Brotlaibe aus den Körbchen und Tüchern gestülpt und in den Ofen befördert. Ca. 25 Brote hatten bequem Platz darin. Sodann musste mit genauer Regulierung der Luftzufuhr der Backvorgang überwacht werden. Dazu gab es in der gußeisernen Tür des Ofens ein kleines Guckloch mit Verschluss. Hatten die Brote die ausreichende Bräunung erricht, so wurden sie mit dem Schieber wieder herausgeholt. Einmal entnommen, wurde jedes Brot „gefrischt“, mit einer in Wasser getauchten Bürste. Dadurch wurde es glänzend knusprig. Mit der Restwärme buken die Bauern noch „Speckkuche“ oder „Ebbel-, Krimmel- und Quedschekuche“. Für den nächstfolgenden Nutzer wurde das Backhaus grob gereinigt: Die Holzkohle wurde in einen Eimer geschaufelt, der Boden grob gefegt und die B eudt grob abgewischt. Die Brote wurden auf dem Schubkarren nach hause gefahren. Man ließ sie zunächst auskühlen, damit es keine Risse unter der Rinde gab. Dann wurden sie in der Speisekammer oder im Keller aufbewahrt. Mit einem gefüllten Backofen reichte eine fünfköpfige Familie etwa drei Wochen lang.

Das Backen von Brot und Kuchen im Backhaus schlief in den 70er Jahren allmählich ein.

Vorbereitungen für große Familienfeiern (Taufe, Hochzeit, Konfirmation): Man sammelte Eier und legte sie in ein undurchsichtiges Behältnis mit Roggen ein; Butter wurde ausgeschmolzen und im Keller aufbewahrt; Schnaps wurde heimlich gebrannt; es wurdxe geschlachtet; alle Zimmer im Erdgeschoss waren leerzuräumen; die darin befindlichen Betten wurden für die Zeit des Feierns auf dem Speicher aufschlagen, wo dann auch geschlafen wurde; Tische und Bänke mussten in der Gastwirtschaft geliehen und herbeigeschleppt werden; Tischschmuck wurde aus dem Garten oder der freien Natur entnommen. Als Menü bei großen Feiern gab es nach dem Krieg: Suppe, Schweinebraten mit Kohlgemüse, zum Nachtisch Vanillepudding mit Schokoladensoße.

Die Taufe hatte in nassauischen Landen seit 1582 in der Kirche zu geschehen in Verbindung mit einer Predigt. Nicht eheliche Kinder durften nicht im Gottesdienst getauft werden, sondern nur in einer Gebetsstunde, um die Gläubigen von unzüchtigem Lebenswandel abzuschrecken. Dem gleichen Zweck diente der Brauch, das Gesicht des Täuflings während der Zeremonie abwärts zu halten, falls es unehelich empfangen war. Von 1816 an erlaubte ein fürstlicher Erlass ausdrücklich die Haustaufe, weil schon viele Kinder in den kalten Kirchen zu Schaden gekommen seien. Die Kinder mussten bei Taufen in der Kirche mindestens acht Tage alt sein. Sie durften nicht länger als vier Wochen ungetauft bleiben. Die Mutter musste spätestens nach vier Wochen in der Kirche erscheinen, um „ausgesegnet“ zu werden. Bis dahin durfte sie das Haus nicht verlassen.

Die nassauische Regierung versuchte des Öfteren, die Anzahl der Paten auf einen bis zwei zu begrenzen, jedoch wurde das vielfach unterlaufen, teils auch mit Einverständnis der Geistlichen. Noch direkt nach dem 2. Weltkrieg waren sechs bis sieben Taufpaten die Regel.Der Bevölkerung galten zahlreiche Patengeschenke als wichtig, besonders bei großer Kinderzahl. Taufgeschenke waren selten, aber zu Weihnachten gab es als Geschenke der Taufpaten manche nützliche Sachen, z. B. maschinell hergestellte Strümpfe, wohl auch ein Hemd für Jungen, für Mädchen Stoffe für eine Schürze oder ein Kleid. Die Zahl der Taufpaten wurde in den 50er Jahren durch Kirchenerlass auf zwei begrenzt.

Die Konfirmation war in früheren Zeiten gleichgesetzt mit der

Beendigung der Schulzeit und dem Beginn des Erwachsenseins: Wer

konfirmiert war, durfte Pate werden. Konnten die Eltern das nötige

Geld aufbringen, so zahlten sie bei einem Meister Lehrgeld.

Von den 20er Jahren an war die Zahlung von Lehrgeld verboten.

Die Hochzeitsbräuche waren vor allem durch kirchliche Regeln festgelegt: Es war üblich, dass der Pfarrer die Heiratswilligen mindestens vier Wochen vor der Hochzeit empfing und sie in einem langen Gespräch auf die Pflichten einer christlichen Eheführung hinwies. Noch bis nach Kriegsende maßte sich der damalige Pfarrer an, nach der Jungfräulichkeit der Braut zu fragen, was noch im davorliegenden Jahrhundert im Kirchenbuch vermerkt worden war und Auswirkungen hatte auf die Art der Taufe der aus solcher Eilheirat hervorgegangenen Kinder.

Drei Wochen vor der Hochzeit wurde die geplante standesamtliche Hochzeit durch Aushang im „Kasten“ bekanntgegeben. Wer Einwände gegen die Heirat hatte, sollte diese beim Standesamt oder dem Bürgermeister kundtun.

Doch noch viele andere überkommene Regeln galt es zu beachten:

Vorräte für die Verköstigung von mindestens 50 Menschen, oftmals mehr, waren anzusammeln. Frauen aus der Nachbarschaft oder aus der Verwandtschaft, die besonders geschickt im Backen und Kochen waren, wurden für die Vorbereitungen um Hilfe gebeten und durften dies nicht abschlagen.

Es mussten der Reihe nach die Verwandten persönlich besucht und eingeladen werden.

Wer kein Hochzeitskleid bei Verwandten oder Freundinnen leihen wollte, musste entweder eine teure Robe im Laden kaufen oder eine Näherin aufsuchen, die diese billiger herstellte. Der Bräutigam benötigte einen neuen schwarzen Anzug. Bis in die Kriegszeit trugen die Männer sowohl beim Standesamt als auch in der Kirche noch Zylinder und weiße Handschuhe. Letztere wurden später nie mehr benötigt. Der Zylinder wurde immerhin von älteren Männern noch lange nach dem Krieg bei Beerdigungen getragen.

Nach Familienfesten blieben in der Regel noch viele Reste übrig. Um diese nicht umkommen zu lassen, war es üblich, die Frauen des Dorfes am Tag nach der Hochzeit abends zu Kaffee und Kuchen zu bitten. Da auch zu dieser Festlichkeit Alkohol ausgeschenkt wurde, gerieten vereinzelte Frauen außer Kontrolle. Das wiederum ergab Gesprächsstoff für abendliche nachbarschaftliche Besuche.

Was nun noch an Kuchen übrig war, wurde „ausgetragen“, d. h., wer nicht am Fest hatte teilnehmen können, bekam von den jüngeren Kindern der Familie Reste zugestellt.

Diese Hochzeitsbräuche erfuhren nach der Zuwanderung von Flüchtlingen aus Schlesien eine Erweiterung: Der Polterabend wurde üblich, uferte jedoch manchmal aus. Nicht nur Porzellan wurde am Vorabend der Hochzeit vor der Haustür zerschlagen, um böse Geister abzuwehren. Jegliche Art von Müll wurde wagenweise von den gut gefüllten Bombentrichtern geholt und den Heiratswilligen in den Hof gekippt, die dann anschließend diesen „Spaß“ noch mit Freibier im Gasthaus begießen mussten und früh morgens Mühe hatten, rechtzeitig den Hof von Unrat und vor allem Glasscherben zu säubern, bevor sie selbst zur Trauung fahren mussten und ehe die Hochzeitsgäste ihre Autos in einem scherbenfreien Hof abstellen wollten.

Wenn ein Brautpaar sich an alle Regeln halten wollte, kamen so leicht vier Tage zusammen, an denen es mehr oder weniger gern mit Freunden, Verwandten und der Dorfgenmeinschaft feiern musste.

Auch nach Trauerfeiern war das „Austragen“ üblich.