Klang der Heimat
"Eine Lokalsprache ist der Klang der Heimat. Sie wird heute immer mehr als "Zweitsprache" mit eigenem Wert akzeptiert, denn sie verkörpert ein Stück Heimatkultur." Dieter Natus
Lokalsprache hat soziale Dimension
Im Zeitalter der Globalisierung beschleunigt sich der Prozess der Auflösung vertrauter räumlicher und sozialer Strukturen. Das Leben wird zunehmend von komplexen und vom einzelnen kaum kontrollierbaren Abläufen bestimmt.
Deshalb bekommt die mundartliche Sprechweise heute eine beinahe schon soziale Bedeutung zugesprochen. Denn über die Lokalsprache gelingt es dem Individuum leichter, ein Gefühl der Übereinstimmung mit sich selbst in seinem sozialen Umfeld zu entwickeln, das man als Heimatgefühl bezeichnen kann.
Im Klang der Heimat müsste diese Einsicht für unser kleines Taunusdorf vielleicht so formuliert werden: „S’Maul off! Daa wann iiä schweddzt, waaß jeedes, wuu iiä dehamm seid.“
Dialekt spiegelt das Denken vergangener Zeit
Die Autorin Adelheid Natus will der Mundat unseres Heimat-Dorfes ein Denkmal setzen und zeigen, wie ausdrucksstark und humorvoll eine Lokalsprache sein kann. Und sie will uns das Denken einer vergangenen Zeit im Sprachspiegel vor Augen führen. Da aber der Dialekt kaum noch unverfälscht gesprochen wird und die kommende Generation überhaupt nicht mehr erreicht, wird auch die Grammatk und der Wortschatz des Mauloffer Dialekts erläutert: "Kumm bei mich, isch lern disch Deutsch!"
Mit der Pflege der lokalen Mundart kann der heimat-bewusste Einzelmensch auch im Zeitalter der Globalisierung zeigen, dass er mit sich selbst und seiner sozialen Umgebung in Einklang ist.
"Im Dialekt erklingt die Heimat"
Davon war auch meine Frau, Adelheid Natus, fest überzeugt. Sie hatte dabei die Mundart des kleinen Taunusdörfchens im Ohr, in dem sie geboren wurde, wo sie lange Zeit gelebt hatte und das sie liebte. Weil sie aber sah, dass immer weniger Bewohner von Mauloff den heimischen Dialekt sprechen können, wollte die pensionierte Deutsch- und Französischlehrerin dem Klang ihrer Heimat ein Denkmal setzen. Trotz schwerster Krankheit arbeitete sie fast bis zur letzten Minute ihres Lebens an ihrem Buch mit dem Titel "Maul Off!", einer Sammlung von Mauloffer Anekdoten im orginal dörflichen Klang und an einem Mundartwörterbuch. Da sie aber auch wußte, dass erst ein gesprochenes Wort richtiges Leben bekommt, besprach sie - beinahe schon auf dem Sterbebett - eine CD in ihrem Mauloffer Dialekt.
Hohe Wertschätzung des Dialekts
Die Autorin verdeutlichte ihre hohe Wertschätzung des Dialekts gerne beispielhaft mit einem Satz, der tief in ihrer kindlichen Seele eingegraben war: „Kumm Madsche, isch hobbe disch ewink.“ Mit diesen Worten pflegte die Großmutter das kleine Mädchen auf den Schoß zu nehmen, wenn es sich einsam und verlassen fühlte. Die Wärme und die Geborgenheit, die in diesem Satz ihren sprachlichen Ausdruck finden, wirkten bei der Autorin ein ganzes Leben lang im Klang der Heimatsprache nach.
Reiche Palette an Ausdrucksmöglichkeiten
Adelheid Natus wollte mit ihrer Arbeit zeigen, dass der heimische Dialekt im bäuerlichen Umfeld eine reiche Palette an Ausdrucksmöglichkeiten bot, und sie wollte mit ihrer Bestandsaufnahme dazu beitragen, diesen „Schatz“ zu bewahren. Es ist ein Schatz, der das Herz wärmt: Freundlich, liebevoll und tröstend kann diese Mundart sein, und sie weckt Erinnerungen an die kindliche Spiel- und Erlebniswelt. Aber auch ehrlich, direkt und manchmal sogar schroff kann sie erklingen, und sie erinnert dann an die prägenden Erfahrungen der Reifezeit.
Lassen wir den Klang der Heimat mit seinen vielen Ausdrucks- Möglichkeiten nicht ganz verstummen!
Der Mauloffer Dialekt ist ein Zeitdokument und ein Spiegel des Denkens einer vergangenen bäuerlichen Welt. Vielleicht wird eines Tages wieder einer kommen, der sagt: „S’Maul off! Daa wann iiä schweddzt, waaß jeedes, wuu iiä dehamm seid.“
"Mauloffer Anekdoten" und "Dialektwörterbuch" ist bei uns als CD vorrätig.