Bedrohte Artenvielfalt heimischer Pflanzen im Kirrbergbachtal
Das Kirrbergbachtal ist ein Landschaftsteil des hinteren Taunus, dessen ursprünglich große Artenvielfalt bedroht ist, weil dieses Gebiet Hessens durch seine Lage im Rhein-Main-Gebiet nach dem 2.Weltkrieg einen starken Strukturumbruch erfahren hat.
Im Wald wenig Veränderungen
Es finden sich noch immer Moose und Flechten, Feuerschwamm, Knollenblätterpilz, Fliegenpilz, Stinkmorchel, und Parasol. Selten geworden sind Birkenpilz, Steinpilz, Maronenröhrling, Satanspilz. Verschwunden sind Ziegenbart, Blauer Trompeter, Pfifferling. Allerdings breitet sich vorwiegend auf Steinen überall in der Gemarkung auch eine Flechtenart aus, die vor 20 Jahren noch nicht vorhanden war. Naturschützer vermuten als Ursache den sauren Regen.
Wo Fichten gepflanzt wurden, verschwand allerdings mit den Jahren die gesamte Krautschicht. Nur auf Lichtungen bildeten sich dichte Polster von niedrigem Waldgras. Vom Spätsommer an zeigen sich Pilze.
Im Laubwald dagegen erwartet uns im Frühling reich blühender Unterwuchs mit Buschwindröschen, Immergrün, Waldmeister, Sauerklee und Maiglöckchen; im Sommer beherrschen Flattergras, echte Goldrute, Farnkraut und Springkraut den Waldboden. Dann fällt vereinzelt der nur in unserer Region vorkommende Salbeigamander auf, der erst im Winter abfriert, dann aber vom Wild verspeist wird.
Lichtungen und Randzonen gleichbleibend
Lichtungen, Waldränder und Hecken weisen ungefähr die gleiche Vegetation auf. Sie sind noch wenig beeinflusst vom Nutzdenken der Land- und Forstwirtschaft.
In der Krautschicht wachsen Johanniskraut, Schafgarbe, Leinkraut, Springkraut, Salbeigamander, weiße Taubnessel, Ruprechtskraut, Klebkraut, Zypressenwolfsmilch, Großes Weidenröschen, Fingerhut, Himbeere und Brombeere, Zittergras und Wurmfarn. Als Büsche wachsen Haselstrauch, Hundsrose, Ginster, Schwarzer Holunder, Weide, Weißdorn, Schwarzdorn, Attich, sehr selten Stechpalme. Bäume: Vogelbeere, Weide, Espe, Birke, Berg- und (eingewandert?) Spitzahorn, Wildapfel und Wildbirne, Wildkirsche, vereinzelt Lärchengruppen.
Wiesen vom Nutzungsgedanken geprägt
In der Vegetation der Wiesen spiegelt sich überwiegend der Nutzungsgedanke der modernen Landwirte. Nach der Löwenzahnblüte verarmt die Wiesenflur zu einem ziemlich eintönigen Grün, das nur zweimal im Jahr aufgelockert wird vom Rosa des Wiesenknöterichs.
Auf wenigen ursprünglichen Wiesen finden sich an Trockenstandorten noch Boviste und es blühen Primel, Hundsveilchen, Ehrenpreis, Leinkraut, Stein- und Hornklee, Habichtskraut, Johanniskraut, Pippau, Quendel, Schafgarbe, Wiesenbocksbart, Witwenblume, Wiesenflockenblume und Herbszeitlose. An schattigen und feuchten Stellen finden sich noch Champignons und es wachsen Löwenzahn, Hahnenfuß, Giersch, Vogelmiere, Wiesenknöterich, Kriechenden Günsel, Malve, Heckenbraunelle, Margerite, Hundspetersilie, Frauenmantel, heimischen Bärenklau,Kuckuckslichtnelke, Ährige Teufelskralle, Wilde Möhre, nickendes Leimkraut, Große und Kleine (selten) Pimpernelle, sehr selten Knabenkraut, Pferdeampfer, Kratzdistel, Weißes und Echtes (=Gelbes) Labkraut, Sauerampfer, Wiesenglockenblume, Rotklee, Zypressen-Wolfsmilch, Herbstzeitlose. Arnika verschwand mit der Konsolidierung und der Bebauung des Geländes aus den Rainwiesen. Als Gräser findet man Fuchsschwanz, Lieschgras, Knaulgras, Weiches und Wolliges Honiggras, vereinzelt Seggen.
Auf ungeteerten Feld- und Wiesenwegen und an Wegrändern wachsen vermehrt Huflattich, Spitz- und Breitwegerich, Löwenzahn, Kriechender Hahnenfuß, Weißklee, echte Kamille, blütenblattlose Kamille, Sauer- und Pferdeampfer.
Die Mauloffer Heide wurde vernichtet
Hier wuchsen zwischen dem ehemaligen Familienferiendorf bis hin zur „Brück“, nach dem Pfaffenkopf zu begrenzt durch die Rennstraße, ausgedehnte Heidelbeersträucher im Wechsel mit Erikabüschen, gelegentlich unterbrochen durch Ginster- und Wacholdergruppen, vereinzelte Hundsrosen, Espen, Weiden, Birken und Kiefern.
Die Heide senkte sich nach NW hin in ein Birkenwäldchen ab, das nahe dem heutigen Aussiedlerhof an der Landstraße endete.
Heute findet man in der Krautschicht nur noch gelegentlich die damals typischen Pflanzen, dazu an lichteren Stellen Salbeigamander. Der angepflanzte Fichtenbestand unterdrückt noch immer den früheren Bewuchs. Wo Windbruch stattgefunden hat, siedeln sich für die Gegend typische Heckenpflanzen an.
Ackerunkräuter unterdrückt
Auch viele der früher üblichen Ackerunkräuter wurden zunächst durch chemische Spritzmittel und künstliche Düngung unterdrückt und starben dann größtenteils aus.
Gar nicht mehr zu sehen sind Kornblume, Rade und Schachtelhalm; selten geworden sind Mohn, Hirtentäschel, Erdrauch, Sennesblätter, stinkende Melde, weiße und rosa Winden, roter Ackergauchheil, Feldstiefmütterchen, Vogelwicke und Kratzdistel, dazu viele der bereits bei Trockenwiesen genannten Pflanzen.
Baumgärten verschwinden
Früher in jedem Dorf vorhandene Baumgärten wurden während der Bauphase des Familienlandheims zu Bauland, die Obstbäume der Straßenränder um der Rationalisierung willen gefällt.
Lange Zeit erhalten haben sich noch auf Zierbäumen vor allem im Gelände des ehemaligen Familienferiendorfes einige Misteln. Aber auch die sind inzwischen weitgehend verschwunden.
Bachränder bis an den Gewässerrand gemäht
An den Bächen wachsen Weide, Schwarzerle, Zitterpappel und Vogelbeere.
Wo den Pflanzen Zeit gegeben wird, sich auszusamen, wachsen in der Krautschicht Beinwell, Brunnenkresse, Pestwurz, Sauerklee, Scharbockskraut, Gundermann, Sumpfdotterblume, Wiesenschaumkraut, Rote Lichtnelke, Sternmiere, Knoblauchsrauke, Nelkenwurz, Brennessel, Hahnenfuß, Klebkraut, Mädesüß und der hier heimische Bärenklau.
Leider mähen die Bauern seit kurzem auch die Bachränder bis an den Gewässerrand. Das dezimiert gegenwärtig oberhalb der Einmündung des Gewässers vom Dorf her hauptsächlich das dort bisher reichlich vorhandene Mädesüß, das oft monatelang die wichtigste Nahrung für die Insekten ist.
Wodurch die vierblättrige Einbeere in der bewaldeten Bachaue völlig ausstarb, ist nicht bekannt.
Problematische Neophyten
Eingeschleppt wurde das Indische Springkraut, das sich vom Dorf aus entlang der offenen Abzugsgräben bachabwärts rapide ausbreitet und auch den Kirrbergbach erreicht hat. Ihm ist nur schwer beizukommen, da es direkt am Uferrand, aber oft auch in der Mitte des mäandrierenden Baches wächst. Es zählt wie Franzosenkraut und Asiatischer Bärenklau zu den Neophyten, die andernorts im Taunus bereits zu größerer Verarmung der Wiesenflur beitragen haben.
Das Kirrbergbachtal ist ein Beispiel dafür, dass starker Siedlungsdruck und große Veränderungen in der Land- und Forstwirtschaft zu einer Bedrohung der Artenvielfalt führen, der rechtzeitig begegnet werden sollte.